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Vorsicht Kunst: James Benning

Foto James Benning

Der 1942 in Milwaukee, USA geborene James Benning dreht seit 1972 Filme und fertigte zahlreiche Installationen an. Seine Filme sind Dokumentationen. Oder sind es eher Videoinstallationen? Er arbeitet in der Regel mit statischen Aufnahmen, ohne Off-Kommentar und Filmmusik. Mit oft minutenlangen Einstellungen wirft er den Blick auf US-amerikanische Landschaften und Bauwerke oder beobachtet Menschen. 
Auf Bennings Filme muss man sich einlassen, Zeit mitbringen, zurücklehnen und eintauchen. Seine Filme erschließen sich nicht auf Anhieb und erzählen keine Geschichten im herkömmlichen Sinne.

Aus seinem mehr als 28 Filme umfassenden Werk zeigen wir im Juli und August vier.

Am Anfang steht sein neuester Film The United States Of America, der 2022 auf der Berlinale seine Weltpremiere feierte.

Ruhr aus dem Jahre 2009 entstand aus Anlass der Kulturhauptstadt Ruhr 2010.

Am 10. August folgt mit Twenty Cigarettes eine Art „Screentest“, in denen wir 20 Personen sehen, die jeweils eine Zigarette rauchen. Einige sind uns bekannt, andere haben wir nie zuvor gesehen, aber sie alle geben uns Zeit, ihre Körpersprache zu lesen. 

Geographies of Solitude

Die Natur auf Sable Sands vor der Küste Kanadas

Zu einem Zeitpunkt, an dem die Umweltkrise dringlicher ist als je zuvor, glaube ich mit ganzem Herzen daran, dass das Kino einen Beitrag zum Heilungsprozess zwischen den Menschen und der Natur leisten kann.
Jacquelyn Mills

Seit Jahrzehnten lebt Zoe Lucas überwiegend alleine auf Sable Island, einer rauen Insel vor der Ostküste Kanadas. Lucas‘ Studien zur Biodiversität haben sie zu einer geschätzten Expertin gemacht. Die Regisseurin begleitet sie und dokumentiert, wie Lucas jedes Detail des Lebens auf der Insel intensiv studiert – auch und immer mehr die kontinuierlich angeschwemmten Mengen an Müll. Unablässig sammelt die autodidaktische Wissenschaftlerin ihn ein und säubert, sortiert und katalogisiert die Fundstücke für eine Langzeitstudie über die Entwicklung der Verschmutzung des Nordwestatlantiks. Mills hält diese akribische Arbeit auf 16-mm fest und experimentiert dabei selbst mit innovativen, umweltfreundlichen Filmtechniken. Wissenschaft und Kunst verschmelzen in den Aktivitäten der beiden Frauen und bereichern sich gegenseitig.

Auszug aus der Begründung der Caligari-Filmpreis-Jury: „Ein schillernder Käfer, der sich seinen Weg durch die Sanddünen ertastet, die sanften Bewegungen der Gräser im Wind, ein strahlender Sternenhimmel ohne den Lichtsmog der Stadt: Jacquelyn Mills’ lyrische 16-Millimeter-Filmaufnahmen öffnen unsere Sensibilität für den Beziehungsreichtum der materiellen Welt. Sie lässt unsere Sinne teilhaben am Werden und Vergehen des Lebens und zieht uns hinein in das komplexe Zusammenspiel einer Ökologie. Der Film begleitet die Forscherin Zoe Lucas, die seit vielen Jahren allein auf der sonst unbewohnten Sable Island vor der Küste Kanadas lebt und mit großer Hingabe die Spuren jedes Lebewesens dokumentiert. Ebenso verzeichnet sie rigoros die Belastung der Umwelt durch Plastikmüll, der in erschreckenden Mengen an die Ufer der Insel gespült und von der Forscherin in minutiöser Arbeit aufgelesen wird. Dabei schafft Mills mehr als ein intimes Porträt, sie erforscht zugleich in experimenteller Weise die Empfindsamkeit des filmischen Materials im Kontakt mit seiner Umgebung. In diesen außergewöhnlichen Figurationen von Erfahrung wird eine unaufdringliche Schönheit spürbar, die zur Verantwortung für die Welt aufruft.“

Kanada 2022 · R & K, S: Jacquelyn Mills · mit Zoe Lucas · ab 0 J. · 103′

Mi 25. Januar 2023  • 18:30 Uhr im Cinema (kleiner Saal)




Plakat Geographies of Solitude

Jacquelyn Mills
Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Produzentin

Geboren 1984 in Sydney, Nova Scotia, Kanada. Sie studierte Film und arbeitet als Regisseurin, Kamerafrau, Editorin und Sounddesignerin. Nach dem mittellangen Film In the Waves (2017) ist Geographies of Solitude ihr Langfilmdebüt.

Filmografie
2017 In the Waves (Dokumentarfilm) · 2017 Leaves (Kurzfilm) · 2013 For Wendy (Kurzfilm)

Auf der Homepage von Discover Halifax findet man elf interessante Fakten zu Sable Island. Zum Beispiel ist noch immer ungeklärt, wie die rund 500 Wildpferde auf das 42 Kilometer langen Eiland kamen. Weitere Informationen zum Natinalpark findet man auf der Homepage des Sable Island National Park Reserve.

Festivals & Auszeichnungen 2022

  • Berlinale Forum – Caligari-Filmpreis & CICAE Art Cinema Award & Preis der Ökumenischen Jury
  • Hot Docs, Toronto, Kanada – Bester Kanadischer Feature Film & Earl A. Glick Preis für die beste aufstrebende Regiesseurin
  • Jeonju International Film Festival, South Korea – Großer Jurypreis im Int. Wettbewerb
  • Las Palmas de Gran Canaria International Film Festival, Spain – CIMA Auszeichnung für den besten Film
  • Vilnius Film Festival, Lithuania
  • Art of the Real, New York, USA

The United State s Of America

2 Minuten für jeden Bundesstaat

In 52 makellos komponierten, knapp zweiminütigen Ansichten porträtiert Benning die Bundesstaaten der USA, sowie Puerto Rico und den District of Columbia. Die statischen Aufnahmen von Landschaften, Städten und dem, was dazwischenliegt, ergeben ein aktuelles Bild der USA, das en passant auch deren Bruchlinien nachzieht: umzäunte Anstalten, ein austrocknendes Flussbett, heruntergekommene Straßen und Tankstellen, ein Camp unter einer Brücke.

Wie immer bei Benning bleibt Zeit für abstrakte Überlegungen: Auch wenn jede Einstellung für einen Bundesstaat steht, ist es mit der Repräsentation so eine Sache. Welcher Bundesstaat ist am filmischsten?

USA 2022 · R, Db, K: James Benning · 98′ · ohne Dialog

 Mi 13. Juli 2022 • 18:30 Uhr im Cinema (kleiner Saal)