Drehbuch Geschichte 2026
Die vierte Gewalt - Journalismus im Film
Ob als Kontrollinstanz politischer Macht, Dokumentation von Krisen und Kriegen oder als Motor von Skandalisierung – Journalismus prägt unser Bild von der Welt. Die diesjährige Filmreihe „Drehbuch Geschichte“ beleuchtet, wie unterschiedlich diese Rollen im Kino dargestellt werden und wie sie sich in den letzten Jahrzehnten verändert haben: zwischen investigativer Aufklärung, politischem Druck, moralischen Dilemmata und der Versuchung der Sensation, wenn Nachrichten zur Ware werden.Die ausgewählten Filme spannen einen Bogen von klassischen Werken über politische Drama- und Dokumentarformate bis zu aktuellen Produktionen. Gemeinsam zeigen sie, wie Journalismus in Extremsituationen funktioniert – und manchmal versagt. Ein Panorama journalistischer Rollenbilder und Herausforderungen.
Die vierte Gewalt“ lädt dazu ein, den Einfluss von Medien auf Politik, Öffentlichkeit und persönliche Lebenswege kritisch zu hinterfragen – und sich bewusst zu machen, wie sehr unsere Wahrnehmung von Ereignissen von denjenigen geprägt wird, die darüber berichten.Alle Filme werden durch Fachleute eingeführt. Im Anschluss an die Vorführungen besteht Gelegenheit zu Gesprächen und Diskussionen.
Grundidee der Reihe „Drehbuch Geschichte“, die vor über 20 Jahren ins Leben gerufen wurde, ist, Film und Geschichte ins Gespräch zu bringen.
Als Kooperationspartner beteiligen sich in diesem Jahr:
LWL-Medienzentrum für Westfalen
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Bezirksverband Münster
Geschichtsort Villa ten Hompel
Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Münsterland
LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte
LWL-Literaturkommission für Westfalen
Die Linse e.V., Münster
Civil War
Journalist*innen als Feinde
Ein Schreckensbild einer einst undenkbaren Entwicklung, die aktuell beängstigend nah rückt: In Amerika herrscht Bürgerkrieg. Die Kriegsjournalisten Lee (Kirsten Dunst) und Joel (Wagner Moura) werden Zeugen eines brutalen Konflikts, der ein gänzlich unvorbereitetes Land in Schutt und Asche zu legen droht. Intensive und packende Bilder nehmen die Zuschauer:innen mit auf eine Reise durch eine düstere Zukunft … Drehbuchautor und Regisseur Alex Garland bannt in beeindruckenden Bildern ein zerrüttetes Amerika auf die große Leinwand.
»Insgesamt würde ich sagen, dass es in diesem Film um Gewaltenteilung geht: Polarisierung, Spaltung, die Art und Weise, wie populistische Politik zum Extremismus führt, wo der Extremismus selbst enden wird und wo die Presse dabei ist. Eines der Dinge, die mich beschäftigen ist, dass es wirklich gute Journalisten gibt, die ausgezeichnete Arbeit leisten. Aber was mich interessiert, und das passiert schon seit einiger Zeit, nicht erst seit der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, ist, wie wenig Zugkraft sie noch haben. Die Presse kann eines der größten Kontrollorgane jeder Regierung sein. Aber damit das funktioniert, muss man der Presse vertrauen. Sie wird aber teilweise von externen und internen Kräften untergraben und dämonisiert.« Alex Garland
USA/Großbritannien 2024 · R & Db: Alex Garland · K: Rob Hardy • Mit mit Kirsten Dunst, Wagner Moura, Nick Offerman, Cailee Spaeny · ab 16 J. · 108′
Di 17. März 20256 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von Thomas Köhler, Villa ten Hompel
Nasser Asphalt
ein Film-Noir aus den 50er Jahren
Berlin, 1950: Gregor (Greg) Bachmann ist ein junger, eifriger Reporter, der überglücklich ist, für den berühmten Pressezaren Cesar Boyd arbeiten zu dürfen. Greg Bachmann hatte sich für eine Sensationsberichterstattung als französischer Soldat verkleidet in das Spandauer Kriegsverbrechergefängnis eingeschlichen und dort mit Rudolf Hess, Baldur von Schirach und Albert Speer sprechen können. Nachdem er erwischt worden war, distanzierten sich Bachmanns Chefredakteur und die Kollegenvon ihm. Boyd hingegen bietet dem Haftentlassenen einen interessanten Job an, den Bachmann dankend annimmt. Nur ganz langsam gelingt es Bachmann, hinter die Fassade des Nachrichtenkönigs zu blicken und zu erkennen, dass Boyd seine Macht auf ein riesiges Lügengebilde gegründet hat. Eines Tages soll Bachmann aus einer von Boyd erfundenen Geschichte eine reißerische Titelstory machen: Angeblich haben fünf deutsche Soldaten sechs Jahre lang in einem russischen Bunker überlebt. Als Boyd sich für diese Art von Sensationsjournalismus zu rechtfertigen sucht, erkennt Bachmann, dass er sich zwischen einer Karriere als Reporter und dem eigenen moralischen Anspruch entscheiden muss.
»Wisbars Film ist fesselnd, treffend besetzt und formal überdurchschnittlich, aber die beabsichtigte Zeitkritik wird durch Kolportageelemente und arge Melodramatik geschwächt« filmdienst
Deutschland 1958 · R: Frank Wysbar · Db: Will Tremper · K: Helmuth Ashley • Mit Horst Buchholz, Martin Held, Maria Perschy, Gert Fröbe, Inge Meysel, Heinz Reincke · ab 12 J. · 89′
Di 24. März 2026 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von Prof.Dr. Stefan Höppner, Leiter der LWL-Literaturkommission
September 5
Ein „Wendepunkt in der Mediengeschichte“
München, 5. September 1972, zehnter Wettkampftag der Olympischen Sommerspiele. Erstmals seit 1936 wieder in Deutschland, sollten es die „heiteren Spiele“ werden, die der Welt das Bild eines neuen, liberalen Deutschlands vermitteln. Doch um 4.40 Uhr hört die Frühschicht des amerikanischen Senders ABC Schüsse aus dem nahe gelegenen Olympischen Dorf. Eine Gruppe palästinensischer Terroristen hat elf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Gegen den Widerstand der eigenen Nachrichtenabteilung berichtet das ABC-Sports-Team live über die 21-stündige Geiselnahme. Erzählt wird die Geschichte von Geoff, einem jungen, ehrgeizigen Producer, der sich vor seinem Chef, dem legendären Roone Arledge, beweisen will. Mit Hilfe der deutschen Dolmetscherin Marianne übernimmt Geoff unerwartet die Leitung der Live-Sendung. Während die Zeit drängt, widersprüchliche Gerüchte die Runde machen und das Leben der Geiseln auf dem Spiel steht, muss Geoff schwierige Entscheidungen treffen und seinen eigenen moralischen Kompass hinterfragen: Wie berichten über eine Situation, in der die Täter die mediale Aufmerksamkeit für ihre Zwecke nutzen?
»Natürlich wird das aktuelle Weltgeschehen Einfluss darauf haben, wie der Film jetzt wahrgenommen wird. Aber uns geht es ganz klar um diesen historischen Moment und den Wendepunkt in der Mediengeschichte. Der Film soll eher dazu anregen, sich Gedanken über den eigenen Medienkonsum zu machen, über die Komplexität von Krisenberichterstattung und über die Macht der Bilder.« Regisseur Tim Fehlbaum im Interview mit epd Film
Deutschland/USA 2024 · R: Tim Fehlbaum · Db: Moritz Binder, Tim Fehlbaum, Alex David · K: Markus Förderer • Mit Peter Sarsgaard, John Magaro, Ben Chaplin, Leonie Benesch, Zinedine Soualem, Georgina Rich u.a. · 95′
Di 31. März 2026 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von Michael Sturm, Historiker und Mitarbeiter der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Münster und anschl. Gespräch
Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Von medialen Hetzkampagnen
Die junge Haushälterin Katharina Blum verliebt sich auf einer Karnevalsparty in einen mutmaßlichen Terroristen, der vor der Polizei auf der Flucht ist. Durch ihren One-Night-Stand kurze Bekanntschaft mit dem gesuchten Mann gerät sie selbst ins Visier der Polizei und des Boulevardjournalismus. Nachdem sie eine Großstadtzeitung als Prostituierte, Atheistin und kommunistische Sympathisantin dargestellt hat, wird sie zum Ziel anonymer Anrufe, Briefe und sexueller Übergriffe. Der Film entstand nur ein Jahr nach der Veröffentlichung der gleichnamigen Erzählung von Heinrich Böll, der maßgeblich am Drehbuch mitgearbeitet hat. Film wie Buchvorlage spiegeln die Debatte um den Linksterrorismus der RAF, der in den 1970er Jahren die Bundesrepublik erschütterte.
»Mit der Verfilmung von Heinrich Bölls „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ setzten Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta 1975 ein Zeichen gegen einen verleumderischen Presseapparat.« Dobrila Kontić.
Deutschland 1975 · R: Volker Schlöndorff · Db: Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta · K: Jost Vacano · Musik: Hans Werner Henze • Mit Angela Winkler, Jürgen Prochnow, Mario Adorf, Dieter Laser, Heinz Bennet, Hannelore Hoger u.a. · ab 16 J. · 106′
Di 14. April 2026 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von Dr. Julia Paulus, LWL-Institut für Regionalgeschichte
Kollektiv – Korruption tötet
Journalist*innen enthüllen Netz aus Korruption und Betrug
Im Oktober 2015 kamen bei einem Brand im einem der angesagtesten Bukarester Musikclubs, dem „Colectiv“, 28 junge Menschen ums Leben. 36 Verletzte starben in den folgenden Tagen und noch Wochen später in verschiedenen Krankenhäusern an ihren Wunden – teils aufgrund katastrophaler Hygiene-Bedingungen. Wütende Proteste waren die Folge, nicht nur wegen der mangelnden Sicherheitsvorkehrungen in dem Nachtclub, sondern auch wegen der desaströsen Verhältnisse in den rumänischen Krankenhäusern starben. Journalisten der Sportzeitung Gazeta Sporturilor rund um Cătălin Tolontan macht einen beispiellosen Skandal publik. Sie stellen damit das Gesundheitssystem Rumäniens auf den Prüfstand. Im Film kommen neben den Journalisten auch Whistleblower, Ärzt*innen und einige der Brandopfer sowie Regierungsbeamte zu Wort. Zudem spielt Vlad Voiculescu, der ehemalige Gesundheitsminister der Cioloș-Regierung, eine wichtige Rolle. Regisseur Nanau folgt ihm und seienem Team bei deer Aufarbeitung der Katastrophe u.a. bei Treffen mit Opfern oder Sitzungen des Gesundheitsministeriums.
Der Film rückt dabei einzelne Personen in den Fokus. So wurde die Überlebende Mariana Oprea, genannt Tedy, zu einem der bekanntesten Gesichter der Katastrophe. Sie trug Verbrennungen zweiten und dritten Grades davon. Sie probiert eine künstliche Hand aus und lässt sich nackt fotografieren, wobei sie ihre Narben nicht verstecken kann. Der Film verwendet auch Mitschnitte von der Unglücksnacht in der Diskothek.
COLECTIV Rumänien/Luxemburg 2019 · R, Db & K: Alexander Nanau • Mit Narcis Hogea, Cristina Tartau, Tedy Ursuleanu u.a. · OmeU · 109′
Di 21. April 2026 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von Jessica Best, LWL-Medienzentrum für Westfalen, Projekt „Demokratie on demand“
Vermisst - Missing
Zugänglichkeit von Informationen
Südamerika in den frühen 1970er Jahren: Bei einem Aufenthalt in Chile werden die US-Amerikaner Beth und Charles Horman vom Militärputsch überrascht. Als sie von Massentötungen und Folterungen durch das Militär erfahren, wollen sie Schutz in einem Hotel suchen, in dem Charles jedoch nie ankommt. Im Land herrscht der Ausnahmezustand, Ausgangssperren werden verhängt. Als Charles‘ Vater Ed nach Chile reist, um im Chaos seinen verschwundenen Sohn zu suchen, dringt er zunehmend in die Machenschaften der Putschisten und der mit ihnen verbundenen CIA ein. Sein Vertrauen in die US-Regierung schwindet zunehmend. Für den einst patriotischen, leichtgläubigen Geschäftsmann bricht eine Welt zusammen.
»Jack Lemmon spielt diesen Horman, und sein vertrautes, hundertfach bewährtes Durchschnittsgesicht wird zum Spiegel aller Emotionen, die die Geschichte aufrührt – er ist die Ideal-Verkörperung des arglosen, leicht unbeholfenen, doch unbeirrbaren Normalamerikaners, der in der Fremde tiefer und tiefer in ein unbegreifbares Schlamassel gerät. […] Costa-Gavras […] hat in „Missing“ einmal mehr genau die richtige Geschichte gefunden, den richtigen Blickwinkel und den richtigen Augenblick, um politische Affekte aufzuwühlen.« Der Spiegel
MISSING USA 1982 · R: Constantin Costa-Gavras · Db: Constanin Costa-Gavras, Donald E. Stewart, Thomas Hauser · K: Ricardo Aronovich · Musik: Vangelis • Mit Jack Lemmon, Sissy Spacek, Melanie Mayron, John Shea, Charles Cioffi, David Clennon u.a. · ab 12 J. · 122′
Di 28. April 2026 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von N.N.
Schtonk!
Wenn Medien sich belügen lassen
Im Jahr 1983 veröffentlicht der Stern unter großem medialen Aufsehen eine Sensation: Er sei im Besitz von 62 Bänden geheimer Tagebücher Adolf Hitlers. Es folgt eine Serie mit Auszügen aus den Büchern, die Reporter Gerd Heidemann für über 9 Millionen DM für den Stern angekauft hatte. Eine Untersuchung auf Echtheit durch das Bundeskriminalamt wartete der Stern nicht ab. Schließlich stellte sich heraus, dass alle Tagebücher gefälscht waren – Eine Blamage für den Stern und damit idealer Stoff für eine Filmkomödie, die Helmut Dietl 1992 mit deutscher Starbesetzung umsetze. Der Film persifliert mit sehr genauen Details die Vorgänge um den Skandal der gefälschten Hitler-Tagebücher. Die Personen Fritz Knobel, Hermann Willié und von Hepp entstanden in Anlehnung an Konrad Kujau, Gerd Heidemann und Edda Göring. Die Figur Karl Lentz ist angelehnt an Fritz Stiefel, der tatsächlich viele gefälschte Kunstwerke von Kujau gekauft hatte. Der von Harald Juhnke gespielte Ressortleiter Pit Kummer entspricht Thomas Walde.
»Ich kenne keine Satire, die den Umgang der Bundesrepublik, vor allem der Medien, mit dem Zweiten Weltkrieg und der Zeit des Nationalsozialismus derart gelungen auf die Schippe nimmt.« Sönke Neitzel
Deutschland 1995 · R: Helmut Dietl · Db: Helmut Dietl, Ulrich Limmer, Peter Märthesheimer · K: Xaver Schwarzenberger · Musik: Konstantin Wecker • Mit Götz George, Uwe Ochsenknecht, Christiane Hörbiger, Rolf Hoppe, Dagmar Manzel, Veronica Ferres, Ulrich Mühe u.a. · ab 6 J. · 110′
Di 12. Mai 2025 • 18:00 Uhr
mit einer Einführung von Nina Kliemke, Bildungsreferentin für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
Bildungsreferentin für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.



































